Auf der Demo zum Kohleausstieg und zur Verbesserung des Klimaschutzes trug Andreas Lieb folgende eindrucksvolle Rede vor:

 

Rede Klimaschutzdemo Großostheim 1.12.2018 Andreas Lieb

Guten Tag auch von mir! Wer mich nicht kennt, ich heiße Andreas Lieb und komme aus Pflaumheim. Ich bin 3. Vorstand der BürgerEnergie Bachgau eG hier in Großostheim und politisch bei den Grünen bzw. bei der Jungen Liste zu Hause.

Warum stehe ich hier? Tja, Energiewende und Klimaschutz sind mein absolutes Herzensthema, und deswegen freue ich mich darüber, dass ich diese Rede halten darf. Allerdings finde ich es schlimm, dass es überhaupt notwendig ist, dass ich diese Rede halten muss. Denn wissenschaftlich ist nicht erst seit gestern klar, dass wir unsere Wirtschaft dringend klimafreundlich gestalten müssen. Dass wir die Energiewende brauchen. Es ist seit Jahrzehnten klar!

Trotzdem wird diese Notwendigkeit immer noch bestritten, von Klimaleugnern im Internet, von Leuten wie Trump, aber auch hier in Deutschland von der AfD. Und weite Teile der Regierung, die den Klimawandel nicht generell leugnen, kämpfen ebenfalls gegen Klimaschutz. Das aber ist fatal, denn wir haben keine Zeit mehr zu verlieren! Wir haben bereits 3 Jahrzehnte verloren und können uns eine weitere Verzögerung schlicht nicht mehr leisten!

Seit 1988 ist öffentlich bekannt, dass der Mensch für die Erderwärmung des letzten halben Jahrhunderts verantwortlich ist. Und zwar nicht für einen kleinen Teil, wie viele fälschlich meinen, sondern für die komplette Erwärmung in diesem Zeitraum. Ohne den Mensch hätte es sogar eine leichte Abkühlung gegeben. Die Wissenschaft weiß sogar schon länger hiervon. Der Treibhauseffekt ist seit dem 19. Jahrhundert bekannt und unstrittig.

Die erste Warnung vor dem menschengemachten Klimawandel fand 1965 in den USA statt. Damals hieß der Präsident Lyndon B. Johnson, der deutsche Bundeskanzler Ludwig Erhard und in München hat ein junges, aufstrebendes Fußballtalent namens Franz Beckenbauer gerade seine erste Profisaison gespielt.

Und trotzdem stehen wir heute hier. Ein halbes Jahrhundert später. Weil die Politik den Klimaschutz immer noch nicht ernst nimmt. Weil alles andere wichtiger ist als der Schutz unserer Lebensgrundlagen. Weil die Politik Umwelt- und Klimaschutz immer noch als teures Hobby betrachtet, das zwar als Feigenblatt gut klingt, real aber doch meist ignoriert wird.

Weil die Interessen von Industrielobbys immer wichtiger sind als Interessen von uns Bürgern heute und zukünftigen Bürgern morgen. Doch das ist ein Trugschluss. Die Wirtschaft ist nicht wichtiger als der Schutz der Umwelt. Umweltschutz hängt nicht von einer guten Wirtschaftslage ab, im Gegenteil! Der Wirtschaft kann es nur dann gut gehen, wenn es der Umwelt gut geht. Auf einem geplünderten Planeten, dessen Rohstoffe verschwendet wurden und der vermüllt und verseucht ist, kann es auch der Wirtschaft nicht gut gehen. Der Gesellschaft schon mal gleich gar nicht.

Dabei sind die Anzeichen für jeden offensichtlich. Der Klimawandel ist nicht mehr nur mit wissenschaftlichen Methoden zu erkennen. Wir können ihn mittlerweile selbst erleben. Wir hatten einen Sommer, der praktisch alle Rekorde brach. Wir hatten eine Rekorddürre, die immer noch anhält. Wir haben Flüsse, in denen kaum noch Wasser fließt. Wir hatten verheerende Waldbrände. Die Ursache: Die Veränderung der Jetstreams durch den menschengemachten Klimawandel.

Und dennoch: Wo man auch hinsieht, die Politik bekämpft Umwelt-, Klima- und Gesundheitsschutz mit einem Eifer, der einen schon fast an die wahnwitzigen Vorgänge in Amerika erinnert. Überall werden Umweltschutzmaßnahmen blockiert, verhindert, verwässert und, wo es gar nicht mehr anders geht, verzögert.

Erneuerbare Energien, die uns als einzige vor dem Klimawandel retten können, werden systematisch kaputt gemacht, verteuert und im Ausbau gedeckelt. Wir haben 350.000 Arbeitsplätze in den erneuerbare Energien. Es waren schon einmal mehr. Warum sollen diese umweltfreundlichen Zukunftsarbeitsplätze zerstört werden für gerade mal 20.000 Arbeitsplätze im dreckigen, klima- und gesundheitschädlichen Kohlebergbau? Kann mir das irgendjemand erklären? In zwei Jahren wurden 60.000 Arbeitsplätze in der Photovoltaik zerstört. Weil die Politik es so wollte.

Im Rheinland lässt die NRW-Regierung Klimaschutzaktivisten aus einem ökologisch wertvollen Wald zerren und abführen, damit dieser für die Braunkohle gerodet werden kann, den schmutzigsten und klimaschädlichsten Energieträger überhaupt. In Deutschland sind der Braunkohle bisher 2300 km² Fläche zum Opfer gefallen. 2300 km². Das ist eine Fläche fast so groß wie das Saarland! In die größeren Tagebaue würde der ganze Markt Großostheim reinpassen. Teils doppelt! Dieser Unsinn muss aufhören! Denn der Kohlebergbau ist nicht nur ökologisch absurd, sondern auch ökonomisch.

Erst kürzlich erschien – wieder einmal - ein Sonderbericht des Weltklimarates IPCC. In diesem Bericht wird auf 500 Seiten eindringlichst dargelegt, dass bereits 1,5° Erderwärmung schwere Folgen für Mensch und Umwelt haben würde. Jede darüber hinausgehende Erwärmung wäre noch deutlich fataler. Wir liegen bereits bei über einem Grad, und bei dem derzeitigen Kurs, werden wir eine Erwärmung von 3-4 Grad erleben! Der Bericht betont auch klar, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5° wissenschaftlich geboten, technisch möglich und wirtschaftlich lohnenswert sei.

Wie teuer die Folgen fehlenden Klimaschutzes wirklich sind, zeigt eine weitere kürzlich erschienene Studie in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Demnach verursacht jede Tonne CO2 Folgekosten von 417 Dollar (!). Hochgerechnet auf die globalen CO2-Emissionen entspricht das einem Schaden von 16 Billionen Dollar – jährlich! Und trotzdem passiert – nichts.

Und es ist ja nicht so, dass es keine Alternativen zu Kohle und anderen fossilen Energien gäbe. Es gibt sie! Die erneuerbaren Energien boomen weltweit. Und sie sind günstig geworden, gerade auch durch die Förderung in Deutschland. Wind- und Solarenergie sind in vielen Teilen der Erde schon heute die günstigsten Energietechnologien überhaupt. Und die Kosten fallen weiter. Warum werden sie jetzt, wo sie günstig geworden sind, verhindert? Wo ihr Zubau nicht mehr viel Geld kostet? Kosten würde.

Denn auch hier blockiert die Politik. In Deutschland werden beide Energieformen inzwischen künstlich verteuert, beispielsweise durch die unsinnige Ökostromabgabe auf selbst verbrauchten Solarstrom. Mit dem Vorwand, erneuerbare Energien seien so teuer, macht die Politik erneuerbare Energien teuer. Denn ihr geht die Energiewende zu schnell, auch wenn sie tatsächlich viel zu langsam geht.

Dabei stehen alle Technologien bereits heute zur Verfügung, die wir für die Energiewende brauchen. Wir wissen, wie wir unsere Stromversorgung umstellen müssen. Wir wissen, wie wir die Wärmewende voranbringen müssen, und auch die Verkehrswende. Die Energietechnik ist vorhanden, die Sektorkopplungskonzepte liegen bereit, die Speicher sind erforscht und technisch umsetzbar.

Es gibt keine technischen oder ökonomischen Gründe mehr, die Energiewende nicht anzugehen. Es gibt nur noch vorgeschobene Argumente, die entweder noch nie gestimmt haben, oder zumindest heute nicht mehr stimmen. Der Grund, dass die Energiewende nicht vorankommt, liegt darin, dass sie von Politik und Teilen der Wirtschaft systematisch verhindert wird. Weil sie insgeheim nicht gewollt ist.

Das kann so nicht weiter gehen. Umwelt- und Klimaschutz muss endlich wieder ernst genommen werden: Unsere Zukunft hängt davon ab! Die Alternative - diesen ganzen Studien abermals zu ignorieren, die bittere Realität zu leugnen und weiter so zu leben, als sei nichts gewesen – sie wäre schlicht Wahnsinn.

Daher zum Schluss ein Aufruf: Bitte machen Sie Druck auf die Politik, denn sonst wird sich nicht ändern. Schreiben Sie Leserbriefe in Zeitungen. Wenden Sie sich an ihre Land- und Bundestagsabgeordneten und fordern Sie Klimaschutz. Echten Klimaschutz. Und versuchen Sie auch, im eigenen Haushalt was zu tun. Man kann so vieles tun. Lasst es uns anpacken. Es ist dringend nötig.

Vielen Dank!