Ob an der Zapfsäule, beim Heizölkauf oder der Stromrechnung, noch nie zuvor wurde uns unsere Abhängigkeit von Energie schmerzlicher bewusst als in den letzten Monaten. Nicht zuletzt die Strompreisdebatte infolge der gestiegenen EEG-Umlage befeuerte die öffentliche Diskussion über unsere Energieversorgung. Der Verursacher des Strompreisanstieg war dabei schnell ausgemacht: die Energiewende mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien, speziell der Solarenergie. Die Fakten jedoch sprechen eine andere Sprache. Tatsächlich sind es vor allem die zur Neige gehenden konventionellen Energien - Erdöl, Erdgas, Kohle - die sich rapide verteuern. So erhöhten sich laut einer kürzlich erschienen Studie die Heizölpreise seit 1998 um 290 %, die Erdgaspreise um 110 %. Die Strompreise erhöhten sich im selben Zeitraum nur um 50 %, wovon gerade einmal ein knappes Drittel des Anstieges auf die Energiewende zurückzuführen ist. Nicht zuletzt flossen alleine durch den Erdölimport in den ersten 9 Monaten dieses Jahres 45 Mrd. Euro aus Deutschland ab. Alleine diese Zahlen zeigen deutlich, dass wir alleine schon aufgrund ökonomischer Überlegungen schleunigst weg müssen von den konventionellen Energien.
Noch viel drängender sind jedoch ökologische und soziale Belange. Erst vor wenigen Tagen vermeldeten die Medien ein neues ,,Rekordjahr" was den Kohlendioxidausstoß anbelangt; 2011 wurden weltweit enorme 34 Mrd. Tonnen ausgestoßen, Tendenz weiter stark steigend. Bereits jetzt ist das so wichtige 2°C-Ziel, das von der Wissenschaft als Grenze für eine gerade noch verträglichen Temperaturanstieg genannt wird, nur noch unter großen Anstrengungen zu erreichen. Umso wichtiger ist es, dass wir endlich handeln! Doch es gibt auch gute Nachrichten. So steigt z.B. der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Energieerzeugung, speziell an der Stromerzeugung stark an;  im ersten Halbjahr 2012 auf über 25 % der deutschen Gesamterzeugung. Damit stammt mittlerweile jede vierte Kilowattstunde, die in Deutschland verbraucht wird, aus regenerativen Quellen. Parallel dazu werden konventionelle Kraftwerke immer weniger benötigt. Nur deshalb sind Erfolge wie die jüngst vom E.ON-Konzern erklärte Entscheidung, das Kraftwerk Staudinger im nahen Großkrotzenburg aus wirtschaftlichen Gründen nicht um Block 6 zu erweitern, überhaupt erklärbar. Unter den derzeitigen Bedingungen des Strommarktes lohnen sich große, schmutzige Grundlastkraftwerke mit einem Kohlendioxidausstoß von mehreren Millionen Tonnen pro Jahr einfach nicht mehr.
Doch wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen: Die Energiewende steht erst am Anfang, und noch sind einige Aufgaben zu bewältigen. Neben dem reinen Ausbau von regenerativer Kraftwerkskapazität rücken allmählich weitere Aspekte in den Vordergrund, unter anderem der Ausbau von Stromnetzen und Speichern vorwiegend in Nord- und Ostdeutschland, und, als wichtigster Punkt überhaupt, die stets so stiefmütterlich behandelte Einsparung von Energie. Hier liegt das größte Potential verborgen, man muss es nur heben. Dies aber geht nur im Einklang mit allen Bürgern.
Um nun diese verschiedenen Säulen der Energiewende zusammenzubringen und ihr damit einen stabilen, tragfähigen Unterbau in der Gesellschaft zu verleihen, soll nun in Großostheim eine Bürgerenergiegenossenschaft gegründet werden. Die ersten beiden vielversprechenden Treffen hierzu fanden bereits statt, weitere sind geplant. Ziel ist es, eine demokratisch strukturierte Gesellschaft von Bürgern für Bürger zu schaffen, die hier vor Ort im Bachgau aktiv ist und perspektivisch in möglichst allen Bereichen des Energiesektors tätig wird. Neben Anlagen zur Stromerzeugung schließt dies ausdrücklich auch den Betrieb von Wärmeversorgungsanlagen wie Blockheizkraftwerken, Nahwärmenetzen, Stromnetzen und dergleichen mit ein. Damit lassen sich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn nur mit einer Bürgerenergiegenossenschaft ist es möglich, ökologische, ökonomische und soziale Aspekte gleichermaßen unter einen Hut zu bekommen und zugleich in unserer Region selbst aktiv zu werden. Und genau dafür setzt sich die Junge Liste ein.